- Project Runeberg -  Axel Hägerström : eine Studie zur schwedischen Philosophie der Gegenwart /
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(1939) [MARC] [MARC] Author: Ernst Cassirer - Tema: Philosophy
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Full resolution (JPEG) - On this page / på denna sida - 3. Die Moralphilosophie

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AXEL HÄGERSTRÖM 59
Hägerström durchaus von der Sophistik ab. Für Protagoras folgt der
moralische Relativismus aus seiner erkenntnistheoretischen Grundan-
schauung und bildet ein einfaches Korollar zu ihr. Für ihn steht es fest,
dass die Wahrnehmung das alleinige Kriterium des Wissens ist; dass
aïadrjoiç und êmoTrj/Lir] eins sind. Jede Wahrnehmung aber ist an ein
»Hier» und »Jetzt» gebunden; sie gilt nur für »mich», den Wahrneh-
menden, und sie gilt nur in Bezug auf den jeweiligen momentanen Zu-
stand, in dem ich mich befinde. Alle allgemeinen Urteile über das
»Sein», über die Realität als solche, werden damit hinfällig; sie erweisen
sich als blosse Fiktion. Und nicht minder fiktiv ist ein Urteil, das ir-
gend welche allgemeinen Werte behauptet: wie Jedem nur seine eigene
Wahrnehmung wahr und das Mass aller Wahrheit ist, so muss auch der
Einzelne, so muss das individuelle Subjekt als »Richter» über Gut und
Böse erklärt werden.1) Es ist somit der erkenntnistheoretische Sen-
sualismus, der hier dem moralischen Relativismus zur Stütze und zum
Beweis dient: der Subjektivismus der Erkenntnislehre zieht den der
Ethik nach sich. Hägerströms Beweisführung bewegt sich in der genau
entgegengesetzten Bahn. Denn bei ihm folgt die Lehre, dass es keine
»Wahrheit» moralischer Vorstellungen geben kann, aus den Praemissen
seiner rationalistischen Erkenntnislehre. Realität ist mit Bestimmtheit
gleichbedeutend, und diese letztere muss auf allgemeingültigen und
notwendigen Prinzipien beruhen. Aber eine solche Bestimmtheit findet
sich nur im Kreise des theoretischen Wissens. Dieses hat den Erfah-
rungszusammenhang in Raum und Zeit zum Gegenstand; es sichert
und begründet diesen Zusammenhang, indem es die universellen Regeln
feststellt, denen alles Naturgeschehen gehorcht, und durch die es zu
einem in sich geschlossenen »System» wird. Jedes besondere Moment
muss durch Begriffe bestimmt worden: nur damit kann es überhaupt
als »Dies » oder »Jenes », als ein bestimmtes Etwas gesetzt sein.2) Hieraus
ergibt sich aber zugleich der umgekehrte Schluss. Was dieser allgemeinen
Ordnung in Raum und Zeit nicht angehört und innerhalb derselben
keine feste und eindeutige Stelle besitzt, — dem kann keine »Wirklich-
keit» zukommen. Gehen wir, mit diesem Kriterium ausgerüstet, an die
»Welt der Werte » heran, so müssen wir nach Hägerström sofort erkennen,
dass und warum sie eine blosse Scheinwelt ist. Denn Werte haben kein
»Wo» und »Wann», keinen Ort im Raume und kein Dasein in der Zeit.
1) Vgl. Platon, Theaitet, 151 ff., 161 C ff.
2) Prinz, d. Wiss., S. 62 (vgl. oben. S. 53 ff.).

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