- Project Runeberg -  Die person Muhammeds in lehre und glauben seiner gemeinde /
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(1917) [MARC] Author: Tor Andræ
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Full resolution (JPEG) - On this page / på denna sida - II. Die wunder des propheten in der theologie

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Andra?, Die person Muhainirieds

alle (die gewährsmänner einer von vielen bezeugten tradition)
lügen, denn die lüge aller ist ja nichts anderes als die lüge jedes
einzelnen. Ferner: jede kette von erzählern verhält sich wie die
eine. Jeder, der es für möglich hält, dass wissen durch den
bericht von hundert ketten komme, muss auch zugeben, dass es
durch neun und neunzig kommen könne. Das wissen kann nicht
auf die berichte einer gewissen anzahl von zeugenketten
beschränkt sein. Die behauptung, es bestehe ein unterschied
zwischen den beiden genannten zahlen, würde ja die reine
Willkür sein. Setzen wir also eine einzige kette von erzählern: die
gebe ja noch kein sicheres wissen. Dann fügen wir eine zweite
hinzu, die verbürgt ebenfalls nicht das wissen, die dritte
ebensowenig u. s. f.1 Also, weil »ex nihilo nil fit», sind auch die
vielen wege, auf denen einige traditionen auf uns gekommen sind,
zu deren beglaubigung unzureichend.

Auch erkenntnistheoretisch suchen die mu’taziliten ihren
Standpunkt zu begründen. Der grundsatz lautet, wie ihn al-Nazzäm
ausgesprochen hat: sinnenfälliges kann in adäquater weise nur
durch die sinne erkannt werden. Er bestreitet nicht den
erkenntniswert des empirischen wissens, insofern es in
unmittelbaren sinnlichen Wahrnehmungen besteht. Relationen aus zweiter
hand ergeben aber kein zuverlässiges wissen. Die tendenz ist
natürlich zu erweisen, dass dies unsichere geschichtliche wissen
keineswegs mit den widerspruchslosen Wahrheiten der Vernunft
verglichen werden könne. Damit ist das recht der Vernunft die
offenbarte religion durch ihre kritik zu reinigen und zu entwickeln
prinzipiell begründet. Die spekulative dogmatik der muctazila
braucht sich um die Verwahrungen der hadit-leute nicht viel zu
kümmern. Als die gegner ihm vorhielten, wie es denn möglich
sei zu wissen, dass der apostel Gottes existiert habe,
antwortete al-Nazzäm: als die ersten genossen Muhammed sahen,
»teilten sie ein stück von ihm ab», als sie den nachfolgern von
ihm erzählten, erhielten sie wieder ein stück von ihm, so ging
es fort bis auf uns.2 Durch eine eigentümliche anwendung der
bekannten Wahrnehmungstheorie Demokrits sucht er also, um den
gefährlichsten konsequenzen zu entgehen, eine beschränkte
mög-lichkeit eines geschichtlichen wissens zu erretten. Wie ernst
dies gemeint sei, wage ich nicht zu entscheiden.

1 Al-Igi 194 f. 2 Kitäb al-Farq 125.

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