- Project Runeberg -  Axel Hägerström : eine Studie zur schwedischen Philosophie der Gegenwart /
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(1939) [MARC] [MARC] Author: Ernst Cassirer - Tema: Philosophy
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Full resolution (JPEG) - On this page / på denna sida - 3. Die Moralphilosophie

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8o ERNST CASSIRER
kenntnislehre durchgehend festgehalten hat, haben wir gesehen. Aber in
der moralischen Welt scheint ihm schon der Gedanke einer »Selbst-
identität » als unvollziehbar. In ihr gilt nichts anderes als eine
Vielheit von Bestrebungen und Impulsen. Die Philosophie kann
dem Kampf dieser Impulse nur zusehen; sie kann nicht in ihn
eingreifen, indem sie ihrerseits irgendeine Richtschnur für das Handeln
aufstellt. Das Ideal der praktischen Philosophie kann immer nur
ein rein deskriptives Ideal sein: nur eine Beschreibung, nicht
eine Bewertung der verschiedenen Moralsysteme ist möglich. Aber
hat Hägerström diesen Standpunkt, den Standpunkt des blossen
Zuschauers, überall konsequent festgehalten — und bricht an keiner
Stelle seines Werkes eine andere Auffassung durch? Hägerström
hat, wie mir scheint, seinen moralischen Relativismus nirgends so
klar, so scharf und so unumwunden ausgesprochen, wie in seiner An-
trittsvorlesung: »Om moraliska föreställningars sanning». Aber eben
hier findet sich noch eine andere Wendung. Er spricht seiner Auffas-
sung nicht nur einen philosophischen, sondern auch einen pädagogischen
Wert zu, und er erwartet von ihr eine bestimmte erzieherische Wirkung.
Der Glaube an objektive moralische Werte —• so erklärt er — hat die
Menschheit von jeher in sich selbst entzweit, und er war es, der sie im-
mer von neuem in die gefährlichsten Kämpfe verwickelte. »Die Vorstel-
lung, dass den eigenen moralischen Anschauungen, die man hegt, eine
absolute Autorität zukommt, hat stets zum Fanatismus geführt und
wird immer wieder zu ihm hinführen. Der Unwille gegen andere, der
eigenen Auffassung widerstrebende Richtungen wird zu einem heiligen
Zorn, der jedes Mass und alle Grenzen überschreitet... Es ist klar, dass,
wenn das Rechtsbewusstsein in einer Gemeinschaft sich spaltet, aber
jeder Teil seinen Werten absolute Heiligkeit zuspricht, der Fanatismus
blühen muss . . . Wenn wir dagegen einmal den letzten Schritt getan,
wenn wir allen offenen oder heimlichen Glauben an die kosmische
und damit objektive Bedeutung unserer Werte hinter uns gelassen ha-
ben, wird damit. . . die Moral als solche nicht aussterben. Wir haben
vielmehr Grund zu vermuten, dass sie sich, wie ein Vogel Phönix, von
neuem aus der Asche der alten Moral erheben, und dass sie nunmehr
einen freieren und weiteren Blick gewinnen wird. Sie wird das Gepräge
eines milderen Urteils über alles menschliche Streben tragen, das aus
der Betrachtung sub specie aeternitatis folgt — aus der Einsicht, dass
alles doch nur ein Glied in einem endlosen natürlichen Zusammenhang

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