- Project Runeberg -  Axel Hägerström : eine Studie zur schwedischen Philosophie der Gegenwart /
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(1939) [MARC] [MARC] Author: Ernst Cassirer - Tema: Philosophy
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Full resolution (JPEG) - On this page / på denna sida - 3. Die Moralphilosophie

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AXEL HÄGERSTRÖM 69
der wir jedoch ohne Schwierigkeit ein gemeinsames, religiös-sittliches
Thema erkennen können. Die fast unübersehbare Vielfalt und Dispa-
ratheit, die uns das ethnologische Material auf den ersten Blick dar-
bietet, löst sich daher bei näherer Betrachtung oft in eine überraschende
»Einfalt» von »Elementargedanken» auf.1) Wir finden gewisse immer
wiederkehrende Urformen des sittlich-religiösen Verhaltens — und diese
Formen selbst zeigen eine bestimmte Ordnung, je nachdem der soziale
Kreis und der durch ihn abgesteckte Horizont sich erweitert.
Die vielberufene »Relativität» der sittlichen Vorstellungen rückt
damit in ein neues Eicht. Denn sie bedeutet keineswegs, dass wir im
Bereich des Praktischen prinzipiell ausser stände sind, das Besondere
irgendwelchen allgemeinen Regeln unterzuordnen und es an ihnen zu
»messen ». Eine solche Messung ist vielmehr auch hier möglich, —• und
durch sie kann oft das Partikularste, Zufälligste, Absonderlichste einen
neuen Sinn erlangen, indem wir auch in ihm die Auswirkung eines all-
gemeinen Motivs wiedererkennen. Nichts mag verwerflicher und roher
erscheinen, als die Sitte der Kamtschadalen, bei denen man die Toten
den Hunden zum Frasse vorwirft. Aber auch sie ist ein Ausdruck des
Ahnenkults und der Ahnenverehrung: man nimmt an, »dass die Men-
schen, deren Leichen auf diese Weise verzehrt werden, die Macht er-
langen, mit diesen Tieren im künftigen Leben (auf Hundeschlitten) zu
fahren».2) Es wäre sicher kindlich, aus der Masse der Bestattungs-
bräuche einen als Norm herausheben zu wollen und ihn als den allein-
»wahren», im Gegensatz zu allen anderen, die man für »falsch» erklärt,
zu bezeichnen. Aber das hindert uns keineswegs, auch im Praktischen
eine bestimmte Über- und Unterordnung vorzunehmen und z. B. im
Ahnenkult und in der pietas gegenüber den Vätern etwas anderes
und Höheres zu sehen, als in der primitiven, rein »egozentrischen»
Todesfurcht. Und wir können weiterhin verfolgen, wie die Verehrung
der Ahnen, die in der Familie erwächst, und deren eigentlichen und
festesten Halt bildet, weiterwirkt und andere Formen der Gemeinschaft
aufbauen hilft, die sich der Familie überordnen. So hat z. B. Fustel de
Coulanges in seinem grundlegenden Werk »La Cité antique» gezeigt,
J) Vgl. Ad. Bastian, Die Welt in ihren Spiegelungen unter dem Wandel des
Völkergedankens, 1887.
2) Für alle Einzelheiten verwiese ich auf das reiche ethnologische Material bei
Thurnwaldt, Art. »Totenkultus » im Reallexikon der Vorgeschichte, hgg. von Ebert,
Bd. XIII, Berlin 1929, S. 363 ff.

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